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TV-Kritik/Review: Serienpreview: "The Listener"
(16.06.2009)
Es ist noch gar nicht so lange her. Drei bis sechs Monate Wartezeit waren vor einigen Jahren noch die Regel, bevor ein Blockbuster nach seinem US-Start den Weg in die deutschen Kinos gefunden hat. Doch der explosionsartige Anstieg der Internet-Raubkopien hatte auch für das zahlende Publikum gewisse Vorteile, denn aus Angst vor zu vielen ungeduldigen Schwarzsehern werden heute zumindest die kommerziellen Großprojekte in Windeseile synchronisiert und ohne Zeitverzögerung auf die hiesigen Leinwände gebracht. Am Fernsehen ist diese Entwicklung aber noch immer weitgehend vorbei gegangen. Auf neue US-Serien und Staffeln warten wir oft Jahre. Sehr oft: jahrelang vergeblich. Gern lehnen sich die deutschen Sender erst einmal zurück und beobachten, wie sich neue Serien in den USA mittelfristig entwickeln.
Die neue Serie
"The Listener" begleitet den jungen Toby Logan (Craig Olejnik) in seinem ersten Jahr als Rettungssanitäter. Toby verfügt über telepathische Kräfte, die er seinem Umfeld gegenüber aber geheim hält - aus Sorge, als Freak abgestempelt zu werden. Die Pilotfolge wird ihn lehren, seine Fähigkeiten nicht mehr als Fluch, sondern als Gabe zu betrachten.
Mit seinem Kumpel und Kollegen Osman Bey (Ennis Esmer), genannt Oz, ist er auf den Straßen Torontos unterwegs, als er von einer Vision heimgesucht wird: Er hört eine Frau um Hilfe schreien. Kurz darauf, am Ort des Geschehens, retten Toby und Oz das eingeklemmte Unfallopfer noch gerade rechtzeitig aus einem Wagen, der Sekunden später in Flammen steht. Im Krankenhaus trifft Toby auf jene beiden Frauen, die in den kommenden Folgen im Mittelpunkt seines (eher zurückhaltend vorgetragenen) libidinösen Interesses stehen werden: Seine Ex-Freundin Olivia Fawcett (Mylene Robic) arbeitet dort als Ärztin. Das frisch getrennte Paar bemüht sich gerade darum, die gescheiterte Beziehung auf eine rein freundschaftliche Ebene zu hieven. Außerdem begegnet Toby dort der nicht minder attraktiven Polizistin Charlie Marks (Lisa Marcos), die ihn zum Unfall befragen will.
Toby besucht Anna, so heißt die Gerettete, auf der Krankenstation und wird mit verborgenem Wissen konfrontiert: Ihren Gedanken entnimmt er, dass kurz vor dem Autocrash Annas kleiner Sohn von einem Unbekannten aus dem Auto gezerrt und entführt worden ist. Der Kidnapper riet ihr dringend davon ab, die Polizei einzuschalten. Anna verschwindet schließlich spurlos aus dem Krankenhaus und kauft sich eine Waffe, um ihr Kind auf eigene Faust aus den Fängen des Ganoven zu befreien. Toby macht sich auf die Suche nach Anna und dem Kind. Ohne seine Gabe zu verraten, versucht er, Detective Marks Ermittlungen durch kleine Hinweise in die richtige Spur zu führen.
Schon in der Pilotfolge wird das gesamte Themenspektrum der Serie angerissen: Der telepathisch veranlagte Toby hilft der Polizei künftig beim Aufklären von Verbrechen. Dabei bezieht er nach und nach seine Vertrauenspersonen in sein Geheimnis ein. Auch sein Privatleben als Mann zwischen zwei Frauen ist natürlich handlungsrelevant. Rückblenden geben zudem Einblick in einen schicksalhaften Moment seiner Vergangenheit, der im Piloten nur kurz angedeutet, später aber zunehmend in den Vordergrund rücken wird: Tobys Mutter hatte offenbar ebenfalls eine Gabe, doch die Familie wurde auseinander gerissen, seine Mutter gilt seitdem als vermisst.
Ganz genau, vieles in "The Listener" ist inhaltlich bestens vertraut. Die Produzenten orientieren sich deutlich an thematisch verwandten Erfolgsserien von
Für Toby und seine Mitstreiter sind seine telepathischen Fähigkeiten natürlich ein unschätzbarer Vorteil in der Verbrechensbekämpfung, denn mit seiner an Opfern wie Tätern betriebenem Gedankenleserei können auch knifflige Fälle spielend leicht aufklärt werden. Toby schlüpft hier in die Rolle eines lebendigen Lügendetektors, zum Beispiel, wenn ein Verdächtiger sich im Gespräch mit ihm nichtsahnend gedanklich schuldig bekennt und im Optimalfall sogar noch zufällig gerade den Aufenthaltsort seines Entführungsopfers vor Augen hat. Leider erleichtern diese Kräfte jedoch auch die Arbeit uninspirierter Drehbuchautoren. Die geschilderten Fälle jedenfalls erzeugen so kaum Spannung, und ohnehin muten sie dem Publikum nicht viel an Tragik und Dramatik zu, so harmlos und vergessenswert plätschern die Episoden vor sich hin.
Die Chancen, die Serie demnächst im Free-TV zu sehen, stehen allerdings recht gut. Weil "The Listener" gegenwärtige Erfolgsrezepte zwar einfallslos, aber solide kopiert, passt sie ins Programmprofil von Sendern wie Vox oder kabel eins. Ob sich das neue Kooperationsmodell zwischen NBC, CTV und FOX International allerdings auch für die Zukunft bewährt, bleibt noch offen und ist vor allem erfolgsabhängig. In den USA fielen die Kritiken für "The Listener", ebenso die ersten Quoten, sehr verhalten aus. In anderen Ländern lief es jedoch besser. Qualitativ kommt "The Listener" allerdings nicht über den Status eines Zeittotschlägers hinaus.
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