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TV-Kritik/Review: "Der Name der Rose": Neuverfilmung verwässert den Thrill
(02.04.2019)
Im Jahr 2011 gab Umberto Eco dem britischen Guardian ein Interview, in dem er noch einmal auf die Verfilmung seines berühmtesten Romans zurückblickte. Der italienische Schriftsteller, Semiotiker und Mittelalter-Experte hatte den Film
Inzwischen ist Eco tot, er starb 2016. Und befreit von der Last, sich dem prüfenden Blick des Autors aussetzen zu müssen, hat sich jetzt der italienische Regisseur Giacomo Battiato daran gemacht, wenigstens ein bisschen Truthahn, Salami und Tomate wieder in das Clubsandwich zurückzustopfen: In den acht Episoden der Miniserie
Der Kinofilm hatte sich aus all dem nur den Krimi rausgesucht: Sean Connery als britischer Franziskanermönch William von Baskerville (der Name deutet auf Sherlock hin) und Christian Slater als sein Novize Adson (lies: Watson) kamen in den finsteren Winkeln einer norditalienischen Abtei, irgendwo in einem verschneiten Winkel der piemontesischen Alpen, als fromme Ermittler einem Mörder auf die Spur, der lauter Geistliche meuchelte und dabei doch nur eines im Sinn hatte: verhindern zu wollen, dass irgendjemand das zweite Buch von Aristoteles' Poetik in die Finger kriegt, das verschollene Buch, in dem der altgriechische Philosoph die Komödie preist. Teufelszeug!
Wofür der 75-jährige Regisseur Battiato, der in Deutschland allenfalls durch seinen trashigen Fantasyfilm
Die Pilotfolge beginnt blutig auf italienischen Schlachtfeldern: Im schwertklirrenden Scharmützel stecken auch Adson von Melk und sein viriler Vater, der Baron von Neuenberg (Sebastian Koch, in deutschen Co-Produktionen unvermeidlich). Der Baron würde aus dem feschen Knaben (Damian Hardung,
Das, worum es in diesem Konvent geht, fasst die Konflikte der Zeit gut zusammen: Der designierte Kaiser des Heiligen Römischen Reichs verkündete zuvor die Trennung von Politik und Religion, ein Affront für den im französischen Avignon residierenden Papst Johannes XXII. (Tchéky Karyo aus
Bernardo Gui, der berüchtigte Inquisitor, der im Film erst spät auftritt, wird in der Serie früh als zentraler Antagonist eingeführt - Rupert Everett (
Außerdem müht sich Battiato um zeitgemäßere weibliche Rollen. Im Kinofilm gab es damals nur das wilde Dorfmädchen, das kein einziges verständliches Wort sprach, dafür aber (mit dem damals 16-jährigen Christian Slater) eine der notorischsten Kino-Sexszenen der Achtziger performen durfte. In der Serie gibt es das Mädchen - das viele Interpreten für die titelgebende "Rose" halten - ebenfalls, doch diesmal darf die junge Frau sprechen und sogar eine Backstory haben: Ihre Familie musste fliehen und migrieren. Noch prominenter für das Bemühen der Serie um weiblichen Input ist die im Film nicht vorkommende Margherita (Greta Scarano), die in Rückblenden als Gefährtin des Aufrührers Fra Dolcino (Alessio Boni,
Der Krimi-Plot rund um die verschneite Abtei wandelt dagegen auf den bekannten Pfaden: Walk-and-Talk-Dialoge in Kreuz- und dunklen Geheimgängen, mysteriöses Gift, flackernde Fackeln, verbotene Bücher, der verwinkelte Bibliotheksturm - und immer mehr tote Mönche, die (im Blutzuber, im Bad) auf Arten und Weisen dahinscheiden, die an die sieben Trompeten der Apokalypse erinnern.
So verständlich es aber ist, den Plot, der durch den Film in dessen Salat-und-Käse-Variante ins Kollektivbewusstsein des Publikums sickerte, wieder näher an den Roman heranzurücken und die historischen Vorgänge szenisch in den Blick zu nehmen, so unvermeidlich geht dies doch auf Kosten der Spannung. Dass die Mörderhatz in den klammen Gemäuern, die im Kinofilm einen starken Sog entwickelte, immer wieder durch Seitenstränge auf Nebenschauplätzen unterbrochen wird, sorgt für ein ungut verstolpertes Tempo. Trotz überzeugender Ausstattung wirkt zudem vieles hölzern, auch das Schauspiel. Turturro ist bemüht, aus dem meisterdetektivisch spürnasigen Baskerville eine eigenständig sanfte und franziskanisch bescheidene Figur zu machen, doch wo Sean Connery einst sympathisch, verschmitzt und väterlich rüberkam, wirkt sein William auf den ersten Blick herb, mitunter fast belehrend.
Geschichts-, Eco-, Krimi- und Mittelalterfans können den Blick auf diese Neuinterpretation natürlich trotzdem riskieren: Das Sandwich der Ecoschen Klosterstory ist auch heute noch schmackhaft, egal wie viele Tomatenscheiben drinstecken.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "Der Name der Rose".
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: RAI
Die achtteilige Miniserie "Der Name der Rose" feierte im März 2019 ihre Weltpremiere in Italien. Sky 1 wird sie ab dem 24. Mai 2019 als Deutschlandpremiere ausstrahlen. Am selben Tag wird die Staffel von Sky auch komplett on Demand veröffentlicht.
Über den Autor
Leserkommentare
Cugel schrieb am 26.01.2020, 05.38 Uhr:
Außerdem müht sich Battiato um zeitgemäßere weibliche Rollen. Im
Kinofilm gab es damals nur das wilde Dorfmädchen, das kein einziges
verständliches Wort sprach,......
Was für ein sinnfreies SJW Geblubber. Ist man vor dieser Propaganda denn nirgendwo mehr sicher ?
Das Mädchen war halb verwildert, so wie alle Dorfbewohner, denen die ach so gütige Kirche die Essensreste runterschmeisst in denen eben diese Dorfbewohner in einer Szene wühlen. Die Sexszene zeigt die Verwilderung und gleichzeitige Sehnsucht nach Liebe, muss man natürlich erst mal Verstehen, anstatt nur gleich wieder mit Parolen anzukommen.Der Film zeigte realistische Bewohner und eben damit auch Frauen, keine verlogene Darstellung mit Soldatinnen, Handwerkerinnen und Händlerinnen.
Und Frauen hatten in einem Männerkloster ganz sicher nichts zu suchen, ghenauso wie umgekehrt. Aber da mittlerweile sogar in Computerspielen Sturmtrupplerinnen und Victorianische Banditinnen (stilunecht mit Anzug und Melone) jeden Realismus im Zuge der SJ Propaganda zerstören, werden irgendwelche Knallchargen wahrscheinlich bald noch in WW2 Kriegsfilmen fehlende SS Offizierinnen bemängeln, fordern und "herbeigeshitstormt" haben. Das der ganze Unfug Frauen, vor allen denen in muslimischen Ländern und der dritten Welt kein bisschen hilft und absolut gar nichts mit Frauenrechten zu tun, aber dafür ganz viel mit Verlogenheit, Blödsinn und nicht selten sogar gefährlicher Geschichtsklitterung zu tun hat ist natürlich völlig egal.
Man hat eh keine Zeit zum Nachdenken, sondern ist damit beschäftigt den nächsten Unfug zu schreiben oder alte Bücher nach bösen Ausdrücken zu durchsuchen. Bei der Kirche war für all das die Inquisition zuständig, wo wir wieder bei "Der Name der Rose" wären. Komisch nicht ?prospero schrieb am 03.04.2019, 18.13 Uhr:
Sehe ich nicht so, die Darstellung der persöhnlichen Motivation der einzelnen Personen ,sowie die Historischen Hintergründe und Abgründe ergeben ein abgerundettes Bild der Zeit bezüglich Kirche ,Welt,Glaube ,Macht und Politik.
In einem Zeitalter ,in dem Glaube/Aberglaube geschürrt wurde um wilkürliche Macht über die Menschen auszuüben. Leider ein Spiegelbild der heutigen Realität ,da sich immer wieder viele Dumme und Geistesschwache vor den karren des glaubens spannen lassen um versagern die Steigbügel zu halten und deren Rosette mit der zunge zu pollieren. Gilt leider für Christen,Juden und Moslems in gleicher weise.
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